Seit knapp einer Woche lebe ich in Kiew. Ich denke ab und an an Blochin. Oleh Blochin ist ein Mann, wie ihn sich viele Frauen in der Ukraine wünschen. Das sagte mir eine Kollegin von einer Kiewer Zeitung. Er ist stur, grob, dominant, maulfaul und erfolgreich. Auch in deutschsprachigen Artikeln kann man Bewunderung für Blochin lesen. Ich glaube, wenn man bei Journalisten und Frauen gut ankommen will, muss man ein wenig wie Oleh Blochin sein.
Neben Blochin gibt es nur zwei Themen, die mich nachts nicht schlafen lassen. Die U-Bahn und die Frauen. Über beides darf man nicht schreiben, sagte mir ein erfahrener Kollege. Über U-Bahn- oder Taxifahrten schreiben nur Reporter, denen sonst nichts einfällt. Und wer als deutscher Mann etwas über die Frauen in Kiew schreibt, steht für den Leser auf der Schwelle zum Bordell.
Ich habe in dieser Stadt noch kein Bordell gesehen, auch nicht danach gesucht. Ich halte von solchen Geschäften nicht viel. Mir ist etwas anderes aufgefallen. Die Frauen in Kiew sehen schöner aus als die Frauen in Deutschland. In keinem anderen Land habe ich jemals so viele auffallend gutausehende Frauen gesehen wie hier.
Die Brisanz dieser Pauschalisierung ist mir bekannt, ich meine sie ganz subjektiv und ich beziehe mich nur auf das erste äußere Erscheinungsbild. Ich glaube, ich bin kein Macho. Ich möchte niemanden auf sein Äußeres reduzieren. Aber diese Beine, dieser Gang. Nirgends zuvor habe ich so viele ansehnliche High Heels und Miniröcke entdeckt wie auf Kiews Straßen.
Alle Kollegen, die ich bisher traf, sehen das genauso. Einige sind schockiert. Sie kommen nicht damit klar, dass so viele Frauen in Kiew so gut aussehen. Sie reden auch darüber, wenn sie unter sich sind. Einer sagte, weil die ukrainischen Frauen die Männer so verwirren, werden sie die EM entscheiden.
Wieso das so ist, habe ich die Kollegin von der Kiewer Zeitung gefragt. Sie sagte, wegen der Vereinigten Staaten von Amerika. Als es die UdSSR noch gab, sollten die Frauen in der Ukraine nicht sexy aussehen, das passte nicht zum Kommunismus. Sie wollten es aber. Sie wollten so aussehen wie die Frauen in den Musikvideos, die sie aus den USA kannten. Aber damals gab es in der Ukraine noch keine Miniröcke und High Heels. Dann zerbrach die UDSSR, und die Ukrainerinnen konnten alles kaufen, was die Frauen in den Musikvideos trugen. Es gab nur ein Problem: Niemand hatte den Ukrainerinnen gesagt, dass die meisten Amerikanerinnen sich nicht jeden Tag wie in den Musikvideos kleiden.
Das klang logisch, wird von mir und vielen anderen Männern aber nicht als Problem wahrgenommen. Nebenbei, so die Kollegin, sei es auch ein Zeichen der Emanzipation, wenn sich die ukrainischen Frauen sehr feminin kleiden. Darüber denke ich noch nach.
Vor dem ersten Spiel der ukrainischen Nationalmannschaft wollte ich unbedingt zum öffentlichen Training von Oleh Blochin gehen. Ich wollte den Mann, den so viele mögen, live sehen. Ich habe es nicht geschafft. Ich bin mit der U-Bahn sechs Stationen in die falsche Richtung gefahren. Erst als es zu spät war, konnte ich mit einigen Kollegen sprechen, die es geschafft hatten. Sie waren begeistert, von Blochin, noch viel mehr von seiner Tochter.
Irina Blochina ist eine junge Sängerin, der Trainer hatte sie mit zum Pressetermin genommen. Sie trug ein kurzes gelbes Kleid und High Heels. Die Journalisten fotografierten sie und ließen sich mit ihr fotografieren. Danach sind viele positive Artikel über das ukrainische Nationalteam erschienen.
Ich musste eben herzhaft über den Artikel lachen 🙂 Bin zwar eigentlich kein Fußball-Fan und kenne Kiew auch aus anderen Zeiten als der EURO – aber sowohl das Erlebnis, mit der Metro in die falsche Richtung zu fahren als auch dieser irritierende Gedanke “Das kann doch nicht wirklich sein, dass die Frauen hier hübscher sind – guck ich denn falsch?” – beides kenne ich sehr gut 🙂 Die Erklärung mit den Musikvideos kannte ich noch nicht – und über das Outfit als Zeichen der Emanzipation muss ich auch erst noch nachdenken…