ZEIT ONLINE: Herr Brühl, haben Sie schon mal richtig laut gebrüllt, nicht im Film, im echten Leben?
Daniel Brühl: Ja klar, auf jeden Fall, nicht nur im Fußballstadion. Auch in der Kneipe oder zu Hause. Beim Fußball bei dramatischen Spielen kenne ich das gar nicht anders. Ich brülle nicht nur beim Tor. Aber das ist in Spanien ja normal, da ist es eh lauter als hier.
ZEIT ONLINE: Wann haben Sie zuletzt gebrüllt?
Brühl: Das war wohl vor ein paar Wochen, da habe ich in meiner Kneipe in Berlin Real Madrid gegen Barcelona gesehen. Beim Clasico kochen die Emotionen besonders hoch. Als das 2:1 für Barca fiel, habe ich gebrüllt. Leider folgte dann noch das 2:2 durch Ronaldo, obwohl dem ein Foul an Iniesta vorausgegangen war.
ZEIT ONLINE: Wenn man Sie nicht kennt, kann man sich schwer vorstellen, dass Sie so rumbrüllen.
Brühl: Die meisten Menschen haben einen falschen Eindruck von mir, leider vor allem in Deutschland, leider auch die Presse. Das sind Vorurteile, gegen die ich schon eine ganze Zeit ankämpfe – oder anbrülle. Die Leute, die mich ziemlich gut kennen, wissen, ich brülle sehr oft.
ZEIT ONLINE: Sie sollen Barcelona und den Fußballverein lieben. Haben Sie schonmal in Barca-Bettwäsche geschlafen?
Brühl: Äh, nein, so weit ging es noch nicht. Aber von meinem Balkon in meiner Wohnung in Barcelona hängt eine ziemlich mitgenommen aussehende Fahne. Und meiner guten Freundin habe ich zu ihrem Entsetzen einen Barca-Strampler für mein Patenkind geschenkt. Dann ist es ein Mädchen geworden. Sie hat den Strampler aber dennoch zweimal voller Stolz getragen. Aber da sie nun ein Mädchen ist, werde ich sie nicht weiter mit Fanartikeln quälen.
ZEIT ONLINE: Ist Fußball nur ne Jungssache?
Brühl: Nee, nee, so chauvimäßig bin ich nicht. Aber ich habe generell etwas gegen Experten, die keine sind. Beim Fußball halte ich mich deshalb gern zurück. Aber bei Frauen habe ich manchmal das Gefühl, dass sie glauben, im Stadion oder in der Kneipe was kompensieren zu müssen und deshalb extra expertenmäßig loslegen und die Spielernamen oder die Abseitsregel mitteilen müssen. Kann anstrengend sein, sich das Gesülze anzuhören.
ZEIT ONLINE: Haben Sie eine Freundin oder Frau?
Brühl: Jetzt wird’s aber privat.
ZEIT ONLINE: Die Frage bezieht sich natürlich auf Ihre Liebe, den FC Barcelona.
Brühl: Interessanter Übergang. Ja, ich habe eine Freundin, die auch schon mal gerne mit mir in Barcelona ins Stadion gegangen ist. Sie begleitet mich auch häufig in die Bar in Berlin und schaut sich Spiele an. Aber Fußball ist nicht ihre größte Leidenschaft.
ZEIT ONLINE: Sie brüllen auch zusammen beim Fußball?
Brühl: Ja, sie war mit im Camp Nou. Bei den Toren hat sie sicher mitgebrüllt.
ZEIT ONLINE: In Ihrem Buch soll die spannendste Geschichte mit dem FC Barcelona zu tun haben. Worum geht’s da?
Brühl: Naja, die Leute sollen sich das Buch kaufen und durchlesen. Ich bin doch nicht bekloppt und erzähl hier ein ganzes Kapitel.
ZEIT ONLINE: Anders gefragt: Kann es sein, dass Sie schon mit zehn Jahren im Fußballstadion waren?
Brühl: Ja, im Alter von acht Jahren das erste Mal.
ZEIT ONLINE: Und wie kam das? Hatten Sie auch einen Barcelona-Strampler?
Brühl: Also mit acht steckte ich nicht mehr im Strampler. Aber mein Onkel war damals Vereinsmitglied. Der hat mich mitgenommen. Seitdem gehe ich eigentlich ständig ins Stadion.
ZEIT ONLINE: Ständig heißt bei Ihnen?
Brühl: Immer wenn ich in Barcelona bin, gehe ich dahin.
ZEIT ONLINE: Sind Sie so ein “Fan”, der angeblich ständig bei seiner Mannschaft ist, tatsächlich aber nur dreimal im Jahr auf der Tribüne sitzt?
Brühl: Blöde Frage. Wenn ich mal ein Jahr nicht in Barcelona sein sollte, kann ich gar nicht ins Stadion gehen. Was wollen Sie denn jetzt hören?
ZEIT ONLINE: Wie sehr sind Sie Fan?
Brühl: Ich trage kein Barcelona-Arschgeweih. Aber wenn es geht, versuche ich, kein Spiel zu verpassen, und das schon seit einigen Jahren. Ich bin so sehr Fan, dass ich in meiner Bar in Berlin spanisches Pay-TV habe, damit wir die Spiele sehen und hören können. Ja, und ich kann die Hymne des Vereins singen.
ZEIT ONLINE: Sind Sie schon mal eingeschlafen, während ein Barca-Spiel lief, bei dem langweiligen Tiki Taka kann das ja schon mal passieren?
Brühl: Jetzt wird’s völlig absurd. Auf diese bewusste Provokation wollen Sie jetzt eine Reaktion?
ZEIT ONLINE: Wenn Barcelona spielt, kommt es vor, dass der Ball fünfzigmal gepasst wird, aber nichts passiert.
Brühl: Also ich finde es wunderschön, wenn man sieht, was da fußballerisch technisch passiert, selbst wenn sie nur passen. Das kriegt keine andere Mannschaft so hin. Und nicht umsonst haben sie in den vergangenen Jahren viele Titel gewonnen. Da spielen Europa- und Weltmeister. Da spielen die Besten mit, die es je gegeben hat. Das ist alles andere als einschläfernd! Ich schlafe eher bei vielen Bundesligaspielen ein. Das ist spielerisch ein ganz anderes Niveau.
ZEIT ONLINE: Was nervt Sie am meisten am Fußball? Christiano Ronaldo?
Brühl: Ja, der nervt auf jeden Fall sehr. Sonst die Wichtigkeit, die dem ganzen beigemessen wird, der Status, den Fußballer haben. Da wird in Spanien in jeder zweiten Zeitschrift darüber berichtet, was die Frau von dem und dem Spieler anhat. Wenn noch auf Seite 38 die Tattoos der Spieler analysiert werden, dann ist das ein bisschen extrem.
ZEIT ONLINE: Leiden Profifußballer unter einem größeren Medienrummel als Schauspieler wie Sie?
Brühl: Ich bin mit Sicherheit nicht schlimmer dran. Die Spieler sind ja einer bescheuerten Presse ausgesetzt, die nach jedem Spiel ihre Meinung komplett ändert. Das sehe ich besonders an den deutschen Fußballern, die in Spanien spielen.
ZEIT ONLINE: Wären Sie eigentlich selbst gerne Fußballer geworden bei Barca?
Brühl: Als ganz kleiner Junge habe ich bestimmt mal davon geträumt. Aber dann war schnell klar, dass ich dazu nicht tauge. Ich war zu schmal für einen Verteidiger, habe erst im Sturm und dann im offensiven Mittelfeld gespielt.
ZEIT ONLINE: Wenn Sie das Leben eines Nationalspielers verfilmen wollten, wer wäre es?
Brühl: Podolski. Das wäre doch ne echte Herausforderung. Ich als Kölner find den super. Ich mag den. Das ist ein bodenständiger und direkter Typ, und ich freu mich total, dass er jetzt so einen Erfolg in London hat. Er soll ja sogar schon gutes Englisch sprechen.
ZEIT ONLINE: Würden Sie auch 2022 zur WM nach Katar fliegen?
Brühl: Nein, aber wer weiß, was 2022 ist? Vielleicht bin ich dann ja auch mit irgendeinem Scheich befreundet. Schon klar, worauf Sie anspielen: Ich fand das schon affig, was da mit Barcelona und der Qatar Foundation passiert ist. Erst die Stiftung und dann jetzt die Airline als Sponsor auf den Trikots. Aber es musste wohl so kommen, dass dieses geile blanke werbefreie Trikot verschwinden musste. Ich hätte mir was anderes gewünscht. Vielleicht die Biermarke. Ich habe sogar mal für das Bier Werbung gemacht. Das einzige Mal, dass ich Werbung für etwas gemacht habe, war dieses Bier. Und das nur, weil es ein Sponsor des FC Barcelona ist, und ich hoffte, dadurch die Spieler zu treffen.
ZEIT ONLINE: Hat nicht geklappt?
Brühl: Nein, leider. Ich Depp. Ich mach den Beruf ja schon ein paar Jahre. Ich hätte wissen müssen, dass es nichts heißt, wenn im Drehbuch steht: “Mein Wohnzimmer, wo ich mein Bier trinke, verwandelt sich in Camp Nou und die Spieler stehen vor mir.” Das wurde natürlich mit Greenscreen gedreht und ich habe keinen einzigen Spieler gesehen. Aber eine Lobhudelei habe ich trotzdem auf den FC Barcelona abgegeben. Das findet man bestimmt auf Youtube.
ZEIT ONLINE: Sie sind doch ein großer Fan. Würden Sie auch Anleihen ihres Vereins kaufen? Also dem FC Barcelona Geld zahlen für eine Urkunde?
Brühl: Ja, würde ich wahrscheinlich machen.
ZEIT ONLINE: Einfach so, ohne Ihre Freundin zu fragen?
Brühl: Da würde ich wahrscheinlich sogar mit ihr drüber sprechen. Und auch mit meiner Mutter. Aber dann würde ich es trotzdem tun.