Vor einigen Tagen bekam ich einen Brief von einem 80-Jährigen, der #Heimatsuche gelesen hatte.
„Sie beschreiben eine Art zu leben, die heute immer seltener wird. Wenn das, was Sie am Leben schön und wichtig finden, bei vielen ‘Zuhause’ wäre, hätten wir nicht soviel Unzufriedenheit, Missmut und Hass.
Augenblicklich sind hier alle richtig durchgeknallt.“
So stand es da. Und eigentlich wollte ich sofort darauf antworten. Tat ich nicht. Vielleicht weil ich etwas Zeit brauchte, um mir die richtigen Worte für die richtige Antwort zu überlegen. Jedenfalls kam dann plötzlich ganz andere Post hereingeflattert. Zehn Seiten lang. Briefkopf mit Logo. Von einem Anwalt, der in einer großen Anwaltskanzlei in Berlin arbeitet. Der Verlag bekam die gleiche Post vom gleichen Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz.
Ich las die vielen Zeilen erstmals während ich unterwegs war. Musste mich setzen, war irritiert, versuchte Begriffe wie „Inkriminierte Äußerungen“ und „Abmahnkostenerstattung“ zu deuten. Langsam begriff ich: Die königliche Hoheit behauptet tatsächlich, ausgerechnet die Informationen, die sie mir selbst im Spätsommer 2019 für #Heimatsuche erzählt hatte, soll ich erfunden haben. Dickes Ding. Krasse Nummer. Dazu eine Menge Polemik.
Wer Heimatsuche gelesen hat, weiß, wer mit der königlichen Hoheit gemeint ist. Gestern Feuerwehrmann. Heute ein König. Und morgen will er eine Einstweilige Verfügung gegen #Heimatsuche vor Gericht erwirken, möchte, dass Vertrieb, Veröffentlichung und Verbreitung des Buches unverzüglich eingestellt werden.
Ich habe die vergangenen Tage deshalb wenig geschlafen, habe mir die langen Tonbandaufzeichnungen des damaligen Interviews mehrmals angehört und bin unsicher, wie viel ich davon hier auf meinem privaten Blog über die königliche Hoheit noch schreiben sollte. Nicht, dass gleich das nächste Anwaltsschreiben mit den nächsten Drohungen hereingeflattert kommt. Doch einfach zuschauen, wie womöglich ein ganzes Buch verboten wird, nur weil jemand sich nicht mehr an seine eigenen Worte erinnert? Oder erinnern will?
Die Realität abbilden, so wie sie ist. Nicht geschönt, nicht verdreht, keine PR, Realität eben. Das war die Idee, als ich 2019 zur 80-tägigen Recherchereise kreuz und quer durch Mecklenburg-Vorpommern aufgebrochen bin. Klar, einfache Wahrheiten gibt es nie, aber gewisse Regeln der Ehrlichkeit schon.
Ich weiß, dass es meinen Verlag (den eher kleinen Hinstorff Verlag) viel Mut gekostet hat, in einem Bundesland wie MV, ein Buch wie #Heimatsuche herauszubringen. Ich hoffe, dieser Rechtsstreit endet bald. Die Informationen im Buch sind belegt. Jede Leserinnen und jeder Leser sollte sich ein eigenes Urteil über das Buch bilden. In unserer Geschichte war das Verbieten von Büchern selten eine gute Idee.
Als ich das Buch schrieb, gab es Menschen, die mich warnten. Warte ab, für das, was in diesem Buch steht, werde man mir noch Steine in den Weg legen, mahnten sie. Und klar, ich hätte an den vergangenen Tagen meine Nase lieber in die ersten Vorfrühlingssonnenstrahlen als in alte Recherche-Quellen gesteckt. Dennoch glaube ich, es lohnt, gegen Unwahrheiten die Stimme zu erheben. Die Unterlassungserklärung habe ich jedenfalls nicht unterschrieben. Wenn es zu einer mündlichen Verhandlung kommt, werde ich dabei sein. Es geht um Meinungs- und Pressefreiheit auf der einen und Persönlichkeitsrechte auf der anderen Seite. In den nächsten Tagen will das Landgericht in Hamburg erstmals eine Entscheidung über #Heimatsuche fällen.
Und dann?
In 33 Lesungen durch Mecklenburg-Vorpommern – so heißt eine Sommertour, die ich gerade mit dem Verlag, mit Antenne MV und mit dem Heimatverband für die hoffentlich virenfreiere Zeit plane. Ob man zur Not auch aus einem verbotenen Buch vorlesen darf?
Ich würde es jedenfalls machen. Augenblicklich sind hier ja eh alle richtig durchgeknallt.